Bio

Carl Olaf Klein

Wer einmal einen Auftritt von Carl Olaf Klein erlebt hat, der wird mir zustimmen wenn ich behaupte: der Typ ist eine Urgewalt.
2011 lud ich Carl als einen von zwei konkurrierenden „Athleten der Ausstellung“ in die Produzentengalerie dieschönestadt nach Halle (Saale) ein. Wir hatten eine Woche Zeit für den Aufbau, doch Carl reiste bereits nach einem Tag wieder ab; die Pflicht rief Olaf heim auf seinen Bauernhof im Oberpfälzer Höllbachtal. Wenige Stunden vor der Vernissage erhielt ich einen Anruf, sein Wagen sei auf der A9 liegen geblieben, er warte auf einen Leihwagen und würde es nicht rechtzeitig schaffen, die in Stein gehauene Frisur Maggie Thatchers nachzuliefern. Sein Konkurrent sah die Chance zu einem ersten Sieg gekommen und besetzte die bereitgestellte Stele mit einem umdekorierten Motorradhelm. Die Eröffnung war bereits in vollen Gang und das Publikum in gewohnter Rotweinseligkeit eingelullt, da wurde die Tür aufgetreten und mit besagter Steinperücke auf dem Haupt stand Carl im Raum. Zornig schnaubend fegte er den Helm vom Sockel und setzte mit Schalk und Triumph im Blick die 19 Kilo schwere Steinfrisur auf ihren Platz. Der Auftritt hatte das Publikum ob des mangelnden Respekts vor dem Werk des Konkurrenten schockiert. Ich aber war vor allem beeindruckt von der Hingabe an die Kunst­ und Bühnenfigur Carl Klein, die sich glaubwürdig den Titel der Ausstellung angeeignet hatte und von der rücksichtslosen Leidenschaft, mit der Carl Olaf Klein seinem Alter Ego freien Lauf gewährt. Ich bin überzeugt, dass es das Doppel­, besser Dreifach­oder­noch­mehr­Leben des Carl Olaf Klein ist, das ihn so unverstellt mit der Welt verbindet und seine Kunst nicht zur bloßen Form erstarren lässt.
1978 in München geboren, wuchs er auf dem Aussteigerhof seiner Eltern, der Höllmühle auf. Nach dem Abitur lernte er Steinmetz und bildete sich bis zum Meister weiter. Den ursprüngliche Plan Kunst zu studieren verwirklichte er nach einigen Jahren im Beruf an der Birmingham School of Arts, die er 2009 mit dem Master abschloss. Anschliessend übernahm er den Hof seines Vaters, den er seitdem bewirtschaftet. Mit Rindfleisch und Grabsteinen finanziert Carl Olaf Klein sein künstlerisches Schaffen und reflektiert dabei die Bedingungen seiner vielfältigen Tätigkeiten. Es sind die wichtigen Themen unserer Zeit, ernstzunehmende und echte Anliegen, die die Grundlage von Carls konzeptionellen Objekten, Performances und Filmen bilden. Getreu seiner geistigen Vorbilder, der antiken Kyniker, sucht er das ethisch­moralische Bewusstsein seiner Mitmenschen zu steigern und tut dies in ironisch­distanzierten, humorvollen Kommentaren auf die Lebenswelten unserer Gesellschaft.
Als Künstler provoziert Carl Olaf Klein mit zynischen Wortspielen, involviert das Publikum in seine konspirativen Ideenkonstrukte und reibt sich auf an der Grenze zwischen Verstanden­werden­wollen und Mystifizierung. Die Zerrissenheit des Menschen dahinter verwandelt er in ein urgewaltiges und mitreißendes künstlerisches Werk.

Veronika Schneider,
Februar 2015